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„Wir leihen Ihnen ein Ohr“

Unter diesem Motto will sich der Seniorenrat für Menschen mit Altersschwerhörigkeit in den Stadtbezirken engagieren. Eine „Stellungnahme zur Altersschwerhörigkeit in Düsseldorf“ wurde beschlossen und soll nach den Sommerferien in den Ausschuss für Gesundheit und Soziales des Rates der Landeshauptstadt Düsseldorf eingebracht werden. Der Seniorenrat folgte damit einem Antrag seines Arbeitskreises „Gesundheit und Pflege“ (AK GuP).

Mit einer Präsentation in der öffentlichen Seniorenratssitzung am 29. Juli 2016 richtete der Seniorenrat erneut den Blick auf ältere Menschen, die nicht mehr gut hören können. Mit den Beschlüssen will der Seniorenrat das Thema Altersschwerhörigkeit zum Gegenstand von öffentlichen Überlegungen und kommunaler Daseinsfürsorge machen. Es könne nicht allein der Anstrengung der alternden Menschen überlassen bleiben, wie sie mit ihrem eingeschränkten Hörvermögen fertig werden. Sie haben ebenso ein Recht auf Barrierefreiheit und gesellschaftliche Teilhabe nach der UN-Behindertenrechtskonvention wie andere Menschen mit einem Handicap, verdeutlichte Marlene Utke, Sprecherin des Arbeitskreises GuP.

Im November 2014 hatte Frau Ott als Ratsmiglied im Ausschuss für Gesundheit und Soziales den Impuls gegeben, sich mit dem Thema Altersschwerhörigkeit zu beschäftigen. „Bis dahin hatten wir das nicht im Blick. Es wurde scheinbar individuell bewältigt“, bekennt Marlene Utke. „Jetzt haben wir uns über viele Monate dieses Thema gemeinsam erarbeitet und wollen es jetzt auch gemeinsam voran bringen. Deshalb freuen wir uns, die Stellungnahme am 24. August im Ausschuss für Gesundheit und Soziales einzubringen.“

Mit hiesigen Expertinnen und Experten für Schwerhörigkeit wurde errechnet, dass in Düsseldorf wahrscheinlich rund 60.000 Menschen von Altersschwerhörigkeit betroffen sind.

Hören kann verlernt werden!

Die Experten warnen davor, sich zu spät für ein Hörgerät zu entschließen. Je länger man warte, desto schwieriger sei eine angenehme Anpassung. Zusätzliches Hörtraining und Absehkurse (früher „Lippenablesen“) würden erforderlich, weil sonst der Nutzen eines Hörgerätes begrenzt bliebe.

MIt Sorge sieht der Seniorenrat die Gefahr des sozialen Rückzugs, „weil man ja doch nichts richtig mitbekommt“ und die Entwicklung verfrühter Hilfebedürftigkeit. Der Seniorenrat verweist auf den großen Aufklärungsbedarf, der nicht allein durch Ohrenärzte und Hörgeräteakustiker bewältigt werden kann.

Die Broschüren der Landeshauptstadt, die z.B. in den zentren plus ausliegen, helfen derzeit den von „Presbyakusis“ Betroffenen kaum weiter. (Presbyakusis ist der medizinische Diagnose-Begriff für Altersschwerhörigkeit.) Die Verbreitung der Infoblätter des Deutschen Schwerhörigenbundes (DSB) und der Evangelischen Schwerhörigenfürsorge ist äußerst begrenzt. Die in zentraler Stadtlage befindliche Sozialberatungsstelle für Gehörlose und Schwerhörige sowie das Projekt Beethoven werden vor allem von Personen mit sehr starker Höreinschränkung, gebärdensprachlich orientierte Schwerhörige und Gehörlose aufgesucht.

Der Seniorenrat wünscht sich deshalb, dass die gewonnenen Erkenntnisse bei der offenen und stationären Altenhilfe zeitnah berücksichtigt werden, insbesondere in den „zentren plus“. beispielsweise  durch der Fortbildungsangebote für in der Altenhilfe tätige Menschen, durch konsequente Verwendung von Mikrofonen  und Sprachverstärkeranlagen sowie den Einbau von Induktionsanlagen. Schwerhörige mit einer T-Spule im Hörgerät können in Räumen mit Induktionsanlage dem Gesprochenen unbehindert folgen. Hier wäre eine Fachkraft mit einer Zusatzqualifikation als Audiotherapeut/in für ratsuchende Bürgerinnen und Bürgern wie auch für Haupt- und Ehrenamtliche sehr hilfreich.

In den Arbeitskreissitzungen kamen jedes Mal neue Schilderungen und Erfahrungen mit Barrieren für Menschen mit Hörbehinderung auf den Tisch. „Wir haben die Puzzleteile nach Dezernaten sortiert und können deshalb aufzeigen, wo und wie Politik und Verwaltung im Sinne der Satzung zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen der Landeshauptstadt Düsseldorf handeln können. Dafür haben wir Ziele und Maßnahmen formuliert“, so ein weiteres Mitglied des Seniorenrates. Die vorgeschlagenen Maßnahmen reichen von akustisch barrierefreien Empfangsschaltern und Beratungsräumen in Verwaltungsgebäuden, über die Ermittlung der realen Zahlen von Menschen mit Hörgeräten bis hin zu Kurs- und Sportangeboten für schwerhörige Menschen sowie einem internationalen Stadtplan für Hörbehinderte.

Ulrike Schneider, stellvertretende Vorsitzende des Seniorenrates: „Wir sind stolz, heute dieses Arbeitsergebnis präsentieren zu können und ich weiß, einige haben in ihren Stadtteilen schon mit der Umsetzung begonnen. Auch im Namen des Vorsitzenden kann ich sagen: Wenn wir als Sprachrohr der älteren Generation bei der Stadtspitze Gehör finden und die Inklusion von Menschen mit Hörbehinderung aufgrund unserer Initiative von dort aus intensiv vorangetrieben wird, hat der Seniorenrat einen wunderbaren Beitrag zum Abbau von akustischen Barrieren und der Verwirklichung der UN-Behindertenrechtskonvention eingeleitet“.

Weitere Information:
Stellungnahme zur Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis) in Düsseldorf und Beiträge zur Entwicklung einer barrierefreien Kommune

Kontakt:
Marlene Utke, Seniorenrätin für den Stadtbezirk 1
Sprecherin des Arbeitskreises Gesundheit und Pflege
Telefon 0211 48 21 07

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Von Peter Baaken

Als Verein setzen wir uns konsequent für die barrierefreie Gestaltung aller Wohnungen und der Wohnumgebung ein, damit inklusives und selbstbestimmtes Leben in der eigenen Wohnung und im Quartier möglich wird. Nur durch die konsequente Umsetzung umfassender Barrierefreiheit in der Praxis ist für ALLE die eigenständige und uneingeschränkte Teilnahme und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben möglich.

Der Begriff der Barrierefreiheit ist dabei von zentraler Bedeutung.

Was bedeutet barrierefrei?

Barrierefrei sind, vereinfacht gesagt, bauliche Anlagen, wenn sie für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen, alte Menschen und Personen mit Kleinkindern in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind.

Dabei sind die einschlägigen DIN-Normen als anerkannte Regeln der Technik zu beachten:
DIN 18040-1
Barrierefreies Bauen – Öffentlich zugängliche Gebäude
DIN 18040-2
Barrierefreies Bauen – Wohnungen
DIN 18040-3
Barrierefreies Bauen – Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum

Die Begriffe „rollstuhlgerecht“ und „behindertengerecht“ sind heute nicht mehr zielführend, da sie im Gegensatz zum Begriff „barrierefrei“, nicht allumfassend sind, sondern lediglich Maßnahmen (z. B. rollstuhlgerechte Wohnung für Rollstuhlfahrer) für einzelne Personengruppen (hier: Rollstuhlfahrer und Menschen mit Behinderung) beschreiben bzw. beinhalten.

Barrierefreiheit ist nicht umsonst

Sicherlich können Mehrkosten bei der Umsetzung der Barrierefreiheit entstehen. Sie lassen sich auf ein Minimum reduzieren, wenn dieser Aspekt von vornherein bei der Planung und Bauausführung berücksichtigt wird. Darüber hinaus gibt es für Investoren vielfältige Fördermöglichkeiten des Bundes, des Landes und der Kommunen.

Für die Gesellschaft kann sich der Mehraufwand schnell lohnen, z. B. wenn Menschen mit Behinderung, Menschen mit fortschreitenden Krankheitsverläufen oder zunehmender Pflegebedürftigkeit viel länger in Ihren barrierefreien Wohnungen bzw. im Quartier bleiben können, bevor die Aufnahme in stationäre Einrichtungen notwendig wird. Das entlastet die Träger der Sozialversicherung und der Sozialhilfe finanziell und organisatorisch.

 Für Investoren und Vermieter ist interessant, dass sich barrierefreie Wohnungen in einem ebenfalls barrierefreien Wohnumfeld besser und schneller verkaufen oder vermieten lassen.

 Fazit

Bei öffentlich geförderten Mietwohnungen besteht für den Investor, aufgrund der geltenden Förderrichtlinien, die Verpflichtung barrierefreie Wohnungen zu bauen. Ausnahmen hiervon sind aber auch hier nicht ganz ausgeschlossen! Für freifinanzierte Miet- bzw. Eigentumswohnungen gibt es nur eine sehr eingeschränkte Pflicht barrierefreie Wohnungen zu bauen.

Überzeugungsarbeit durch unseren Verein bzw. durch Einzelpersonen gegenüber den Akteuren (Investoren, Architekten, Stadt, Land etc.) ist weiterhin notwendig, damit genügend barrierefreie Wohnungen entstehen. Das gilt auch für die barrierefreie Gestaltung der Wohnumgebung.

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